Montag, 16. Februar 2015

Katholischer Kindergarten, Special School und Children's Home


Hallo,

Ich melde mich auch mal wieder. Es tut mir sehr leid, dass es so lange gedauert hat, aber dafür gibt es jetzt einiges zu erzählen. Ich habe mittlerweile angefangen zu arbeiten, das heißt Montag- und Dienstagmorgen gehe ich von 8 – 12 Uhr in den katholischen Kindergarten, Mittwoch und Donnerstag morgens gehen Charly und ich zusammen in die Special School, holen anschließend die Kinder vom Children’s Home von der Schule ab und sind dann noch bis ca. 15 oder 16 Uhr im Kinderheim. Samstagmorgens sind zwei Stunden Schwimmkurs, den Hannah damals angefangen hat, und den ich weiterführen werde, wenn Charly und Hannah weg sind.
Wollte ich nicht weniger arbeiten?! Doch, eigentlich schon! Aber das mit dem Arbeiten hier ist ganz entspannt. Wenn wir irgendwelche Ausflüge machen, dann sage ich einfach, an welchen Tagen ich nicht da bin und dann ist alles kein Problem. Und da ich stundenmäßig an einem Tag auch nicht extrem viel arbeite, habe ich meistens noch viel Zeit, andere Dinge zu erledigen. 

Am 20.01.15 war ich zum ersten Mal im katholischen Kindergarten, der eigentlich auch eine Primary School darstellt, nämlich die Mother Mary Nursery and Primary School – Discipline and Hard Work ever. Mir gefällt es dort bisher sehr gut, weil ich dort auch eine Aufgabe habe und nicht nur „sinnlos“ rumsitze.
Unterrichtet werden die Kinder dort von zwei Schwestern des katholischen Schwesternhauses hier in Mtwapa – und jetzt auch von mir: ich werde immer Teacher genannt. Es gibt einen festen Stundenplan und richtigen Unterricht, obwohl das jüngste Kind gerade mal 2 ½ Jahre alt ist. 


Der Kindergarten hier unterscheidet sich sehr von dem in Deutschland. Zurzeit sind nur 7 Kinder zwischen 2 ½ und 7 Jahren dort, was verglichen mit einer staatlichen Primary School in der bis zu 50/60 Kinder in einer Klasse sind, extrem wenig ist. Die Schwestern fragen mich ständig, ob ich ihnen nicht helfen kann mehr Kinder zu bekommen.
Ich denke das Problem ist einfach, dass fast niemand von dem Kindergarten Bescheid weiß. Er liegt etwas außerhalb und es kommen dort nicht wirklich viele Menschen vorbei. Und selbst wenn – man erkennt vom Gebäude her nicht, dass das ein Kindergarten ist. Außerdem ist er erst seit diesem Jahr im neuen Gebäude. Die letzten Jahre war er immer direkt neben der katholischen Kirche. 


Der Schultag beginnt immer mit mehreren Gebeten, sowohl auf Englisch als auch auf Swahili und anschließen wird der Stundenplan abgearbeitet. Zusätzlich zu den Fächern werden den Kindern gutes Benehmen, Pünktlichkeit, Wertschätzung und Respekt beigebracht, was in meinen Augen sehr wichtig ist und was man hier leider viel zu selten erlebt. Die Schwestern sind auch sehr nett zu und geduldig mit den Kindern.
Eines der gesungenen Gebete geht so:

Heavenly father, Heavenly father you are wonderful, you are marvelous, you are excellent. We worship you Lord because you’re wonderful and you make us sing a song. 

Das ist so ziemlich das einzige Gebet, das ich mir merken kann. Die meisten anderen sind auf Swahili und ich kann immer nur Bruchteile mitbeten.

Schwester Elizabeth und ich teilen uns den Unterricht auf. Einer unterrichtet die erste Hälfte des Tages, der andere die andere Hälfte. Am ersten Tag war es meine Aufgabe den Kindern das Alphabet beizubringen – blöd nur, dass ich zuerst selbst lernen musste. Sie lernen die Kleinbuchstaben nämlich auf Swahili und erst die Großbuchstaben dann auf Englisch. Aber nach gefühlt 100 Wiederholungen habe ich es dann langsam aber sicher auch gekonnt.
Das Alphabet lernen läuft dann so ab, dass ich ihnen immer die Buchstaben wie „a“ for apple, „b“ for ball, „c“ for cat, etc. vorsage und sie es nachsprechen.
So lernen sie hier alles. Der Teacher spricht vor, die Kinder sprechen im Chor zusammen nach. Das klingt alles immer sehr auswendig gelernt und wenn man dann auch mal nach einem Buchstaben fragt, ohne das komplette Alphabet vorher aufzusagen, wissen sie meistens nicht welcher das ist.
Nach dem „Auswendig lernen“ müssen sie dann die Buchstaben, Zahlen, Körperteile, Früchte usw. abschreiben, ausmalen oder verbinden.
Die Lernmethoden hier sind etwas gewöhnungsbedürftig. Wobei ich auch nicht mehr weiß, wie es bei mir damals war – vielleicht habe ich das auch so gelernt in der Grundschule?






















Während es mir im Kindergarten eigentlich sehr gut gefällt, hatte ich in der Specialschool so meine Schwierigkeiten.
Die Kinder sind alle sehr dreckig, haben kaputte Kleidung, viele sind vollgesabbert und haben volle Windeln. Die Windeln hier werden maximal einmal am Tag gewechselt, aber auch nur wenn sie sehr voll sind. Es ist also auch gut möglich, dass ein Kind die gleiche Windel 24h lang an hat.
Wir haben erfahren, dass die Special School eine staatliche Schule ist und eigentlich nur vom Government geschlossen werden kann. Allerdings wird sie von Sponsoren finanziert. Der Grund für die momentanen Zustände dort ist, dass der Hauptsponsor abgesprungen ist. Es gibt also nur noch ein paar kleinere Sponsoren, Privatpersonen und Wellwisher, die ab und zu etwas Essen vorbei bringen. Charly und ich haben uns dafür entschieden, auch einen kleinen Teil dazu beizutragen und Essenssäcke zu spenden.

Die meisten Lehrer und Caretaker haben eine „Null Bock Einstellung“, sitzen mit ihren Handys in der Ecke, machen sich die Haare, reden miteinander und keiner achtet auf die Kinder.
Wenn wir sie was fragen, antworten sie das, was die Muzungus hören wollen oder jeder antwortet uns was anderes – wenn sie überhaupt antworten! Die meisten unserer Fragen bleiben unbeantwortet, es wirkt auf mich als sei es ihnen völlig egal, ob wir da sind oder nicht. Wirklich für uns oder die Kinder interessieren tut sich niemand. Es gibt ein paar wenige die mit uns reden, sich interessieren und uns sagen wie die momentane Situation ist. Diese sind aber sehr selten.
Unterricht gibt es dort noch keinen. Momentan sind ca. 74 von eigentlich über 500 Kindern da die den ganzen Tag im Hof rumsitzen (die Zahlen ändern sich auch immer wieder…es kommt komplett darauf an, wen wir fragen). Es wird uns immer erzählt, dass sie gerade dabei sind die Klassen zu planen. Da frage ich mich aber, wie man über einen Monat nach Schulbeginn immer noch dabei sein kann, Klassen zu planen und vor allem frage ich mich aber, wann sie das denn scheinbar machen? Die Lehrer sitzen in kleinen Gruppen in verschiedenen Ecken der Schule verteilt und führen ihre Privatgespräche. Von Klassenplanung keine Spur.
Das heißt, dass Charly und ich anfangs nicht wirklich eine Aufgabe hatten. Selbst wenn wir nachfragen wird nur mit der Schulter gezuckt. Was haben wir dann also die ganze Zeit gemacht? Wir sind bei den Kids gesessen, haben mit ihnen gespielt,  sie geknuddelt, auf unseren Armen gehalten und versucht ihnen ein bisschen Aufmerksamkeit zu schenken. Sie können einem ja schon sehr leid tun.
Aber es war sehr anstrengend, da dann immer alle zu uns gekommen sind, unsere Hand halten oder auf unseren Schoß sitzen wollten.
 
Unsere Motivation, überhaupt zur Specialschool zu gehen, hat sich extrem in Grenzen gehalten.
Bei mir hat das unter anderem auch daran gelegen, dass ich immer noch über die Zustände dort schockiert bin/war. Es gibt so einige Veränderungen, die nötig wären. Aber das sind grundsätzliche Veränderungen, wie mehr Lehrer. Wenn alles normal läuft sind für die über 500 Kinder gerade mal 32 Lehrer da. Das ist einfach viel zu wenig.
Die Rollstühle hier sind nicht wirklich sicher. Sie haben weder Kippstützen, keine Gurte, sind nicht richtig angepasst und die meisten sowieso kaputt.
Es ist schwer wenn man Vergleiche zu Deutschland hat. Ich meine die Leute hier kennen das nicht anders, die sind so glücklich. Aber wenn man weiß, dass es anders geht, dann kann man das nicht wirklich nachvollziehen.

Ich habe versucht mir immer einzureden, dass ich das für die Kinder dort mache, dass die eine Freude an uns haben und, dass es ihnen auch mal gut tut, auf den Arm genommen zu werden. Aber mich auf die zwei Tage Sonderschule gefreut, habe ich mich nicht wirklich. 

Mittlerweile ist es aber so, dass Charly und ich mit Mr.Muzungu geredet haben, dass die Situation schwer für uns ist, dass wir komplett auf uns alleine gestellt sind und, dass wir manchmal überfordert sind.
Es gibt eine Klasse die Unterricht macht, weil sie demnächst Abschlussprüfungen haben, und das ist die Gehörlosenklasse in Grade 8.
Charly und ich sind jetzt in der Klasse untergekommen und plötzlich gehen wir sehr gerne in die Special School. Die beiden Lehrerinnen der Klasse sind total nett und wir lernen jetzt ein wenig Gebärdensprache! Nach zwei Tagen kann ich jetzt schon das Alphabet, meinen Namen „sagen“ und erklären, wo ich herkomme. Ist das nicht voll cool? Das macht echt total Spaß, ich hoffe mal die Hochschule in Deutschland bietet so einen Kurs an, dann werde ich da auf jeden Fall hingehen!! Wir sind beide wirklich sehr froh, dass wir offen zu Mr. Muzungu gegangen sind und sich das alles jetzt doch noch zum Positiven gewendet hat.










Ins Children’s Home gehe ich bisher ganz gerne. Es macht auch einfach Spaß mit den anderen Praktikanten zusammen dort zu sein und auch mit den Mitarbeitern dort verstehen wir uns gut. Dieses „gut mit den Mitarbeitern klar zu kommen“ hat jetzt aber damit geendet, dass eine Lady gekündigt wurde, weil sie eine zu gute Freundschaft zu uns aufgebaut hat. Die offizielle Version ist zwar, dass sie scheinbar klauen würde, aber das ist uns allen ein Rätsel. Sie ist die so ziemlich vertrauenswürdigste und ehrlichste Person, die mir hier bisher begegnet ist. Es wurde vor meiner Zeit hier auch schon mal eine Mitarbeiterin gekündigt, weil sie mit früheren Volos zu gut klargekommen ist…das ist ziemlich unverständlich für uns, aber wir können da nicht wirklich viel daran ändern. Es gibt eh ein paar Dinge, die unverständlich sind, die wir aber einfach so hinnehmen müssen.
Wir versuchen aber ihr ein bisschen weiter zu helfen. Hannah und Charly haben ihr geholfen Bewerbungen zu schreiben. Außerdem will sie weiter zur Schule gehen und ist momentan auf der Suche nach einem Lehrer. Wir versuchen sie so gut wie möglich zu unterstützen, weil sie uns zum einen sehr ans Herz gewachsen ist und zum anderen finden wir es klasse, dass sie versucht etwas aus ihrem Leben zu machen. Sie will lernen, einen Schulabschluss haben und dann schließlich einen guten Job finden, um ihren drei Kindern ein einfacheres Leben bieten zu können. Hoffentlich klappt alles wie geplant, wir wünschen es ihr sehr!

Das Orphanage gehört zu den reicheren Waisenhäusern hier in der Gegend, ist aber verglichen zu dem in Südafrika eher arm. Auch die Werte und Manieren und alles werden den Kindern hier nicht beigebracht. Viele Dinge, die sie bekommen gehen innerhalb von wenigen Minuten kaputt. Den Kindern ist das allerdings egal. Durch den ständigen Praktikantenwechsel sind sie an weiße Menschen gewöhnt und wissen, dass der nächste ja eh wieder was Neues mitbringt. Die Wertschätzung von Gegenständen ist hier total verloren gegangen.
Zurzeit ist ein neues Kinderheim in Planung. Jacque will ein Kinderheim mit mehr Platz, mit einer Farm und mit der Möglichkeit draußen spielen zu können. Der Plan sieht bisher ganz gut aus, ich hoffe, dass das in der Realität dann auch so umgesetzt werden kann.
So sieht das bisherige Orphanage von Innen aus. Wenn ihr mal ein paar Blogeinträge zurück geht und euch das in Südafrika nochmal anschaut, dann merkt man die Unterschiede extrem. Ich finde es eh sehr interessant, die beiden Kinderheime zu vergleichen, auch wenn ich das vielleicht nicht immer sollte
:):
























Samstags findet von 10 – 12 Uhr der Schwimmkurs statt. Einige Kinder können schon ganz gut schwimmen, die Kleineren haben meistens noch Schwimmflügel. Sie freuen sich aber immer sehr auf den Schwimmkurs.
Für Mitte Februar haben Charly und Hannah ein kleines Seepferdchen geplant. Die älteren müssen dazu eine bestimmte Strecke ohne Schwimmflügel schwimmen, ins Wasser springen und nach einem Stein tauchen. Zur Belohnung gibt es dann ein Zertifikat mit dem Seepferdchen.
Das klingt nach einer sehr guten Idee und ist ein guter Ansporn für die Kids.
























Charly hat durch ihre Mama Kontakt zu einem Akrobaten aus Nairobi bekommen. Der ist dann für ein Wochenende nach Mombasa gefahren um mit den Kindern vom Kinderheim ein wenig Akrobatik zu machen. Das war echt mega cool! Mit der Zeit sind dann auch ein paar Kinder vom Village dazu gekommen und haben einfach mitgemacht, was ein paar Mädels aus dem Kinderheim gar nicht gepasst hat. Es kam dann zu kleineren Zankereien, aber im Großen und Ganzen waren es zwei sehr schöne Tage! Vielen Dank an Charly!! :)






























Soviel also erstmal zu meinen neuen Arbeitsstellen. Ich bin mal gespannt wie lange ich wo bin, da meines Wissens im April wieder Ferien sind, das heißt Kindergarten und Sonderschule fallen auf jeden Fall weg. Und im März habe ich auch noch ein paar größere Ausflüge vor. Ich will mit Hannah ein paar Tage nach Nairobi, um dieser Stadt nochmal eine zweite Chance zu geben und vor allem haben wir Zanzibar geplant! Der Haaaaammeeeeeer, da freue ich mich schon so sehr drauf!!!

Ich sende euch viele liebe Grüße aus Mtwapa und schaut doch auch mal bei Charlys Blog (einhalbesjahrkenia.wordpress.com) vorbei, sie freut sich da sehr drüber! Außerdem ist es ganz interessant zu sehen, wie jeder Mensch die Dinge verschieden wahrnimmt.
Macht’s gut!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen